Endlich war es soweit, die Inzidenzen bezüglich der Coronainfektionen sanken auf einen der niedrigsten Werte, wie seit langem nicht mehr.
Seit langem konnte man also wieder in die eigenen Vier Wänden ein paar Freunde einladen um zu trinken, zu essen und zu feiern. Das was einst gesellschaftlich verpönt war, wurde nun zu dem was alle haben wollten.
Es kamen mehr Leute als erwartet, dennoch – für alles war gesorgt- ausreichend Essen, Getränke und Stimmung. Nur draußen regnete es soviel Wasser, dass sogar Nestle sich damit zufrieden geben würde.
Als die Stimmung mit zunehmender Uhrzeit angeregter wurde, tönte ein sanftes „Hilfe“ aus dem Badezimmer. „Wasser“, „noch mehr Wasser“.
Der Regen und das Abwasser hatten anscheinend die Leitungen überlastet. Und wie es sich für eine alte Erdgeschosswohnung gehörte, kam das Wasser als erstes dort die Toilette hoch. Nicht im Schwall, allerdings leise sanft, über den Kloschüsselrand plätschernd.
In Kleingruppenarbeit wurde für die folgenden zwei Stunden dem Wasserschwall entgegen gepömpelt. Jedoch entwickelte sich die Zeit letztendlich zum Endgegner. Da die Leute im Vorfeld viel aßen und tranken, meldeten sich nun auch vermehrt die Ausscheidungsorgane, sodass die Anzahl der Anwesenden sich mit Zeit und Verdauung exponentiell reduzierte.
Gegen 2 Uhr nachts, mit Nachlassen des Regens, stand das Wasser glücklicherweise, sodass auch die letzten, die noch mit pömpelten nach Hause gehen konnten. Die Party war buchstäblicher Weise ins Wasser gefallen.
In weiser Voraussicht entstand ein selbstgebauter Wall aus Handtüchern um die Badezimmertür herum.
Am nächsten Morgen kam dann die böse Überraschung. Das Wasser war über die Toilette getreten und das Badezimmer überschwemmt. Wellenartig kamen nun vereinzelte Wasserstöße über den Schüsselrand, die Exkremente der oberen Etagen beinhaltend.
Selbst ist die Frau war nun vorbei. Es blieb nichts anderes als den Sanitären Notdienst zu rufen.
„Junge Frau, nach dem Regen ist die Hölle los, ich brauche noch etwas bis ich bei Ihnen bin. Die Hauptleitung scheint verstopft zu sein, als erstes gehen Sie jetzt zu Ihren Nachbarn von oben drüber und bitten diese kein Wasser mehr zu nutzen, denn jeder Tropfen den die produzieren, landet in Ihrer Toilette“
Zum Glück war nur eine der insgesamt drei Parteien anwesend, sodass die Hoffnungen groß waren, dass der Schaden nicht all zu groß ausfallen würde. Die einzige Partei, der auch die anflutenden Exkremente zuzuordnen waren – biologisch gut abbaubar. Sozialarbeiterin, nachhaltig lebend, Mitglied eines Trommelvereins, Naturfreundin.
„Guten Tag, tut mit fürchterlich Leid, dass ich Sie störe, allerdings die Hauptleitung ist verstopft und jeder Tropfen Wasser den Sie benutzen, kommt über meine Toilette wieder raus. Ich wäre Ihnen total dankbar, wenn Sie bis der Notdienst kommt, so wenig Wasser wie möglich nutzen würden.“
„Ich denke nicht, dass das heute möglich ist.“
„Aber warum nicht?“
„Sonntags gehe ich immer zum Stall zu meinem Pferd und normalerweise gehe ich da nicht ungeduscht hin und leider bin ich noch ungeduscht.“
„Wenn Sie jetzt duschen gehen wird das Wasser über meine Haustür bis in den Flur kommen. Dann habe nicht nur ich das Problem, sondern Sie auch.“
„Also ich muss mich spätestens gegen 14 Uhr auf den Weg zum Pferd machen. Entweder war der Notdienst bis dahin da, oder Sie müssen halt mit dem Wasser klarkommen. Wenn Sie möchten kann ich Ihnen noch ein paar alte Handtücher geben.“
„Vielen Dank für das freundliche Angebot, aber ich denke die brauche ich dann auch nicht mehr.“
Glücklicherweise kam der Notdienst nur kurze Zeit später. Ein riesiges Staubsaugerartiges Gerät saugte nun alle Exkremente und das Wasser auf.
„Die Hauptleitung ist verstopf. Die befindet sich im Keller Ihrer Nachbarin von ganz oben, ist die da?“
„Nein sie ist leider verreist.“
„Dann ist der einzige Zugang den wir haben Ihre Toilette. Ich muss Ihre Toilette abmontieren.“
Die Sorge war groß, als der Anfang 60 jährige Herr mit seiner chronischen Bronchitis um Luft ringend und hustend die gesamte Toilette abmontierte. Nach einem Glas Wasser und einer kurzen Verschnaufpause ging es ihm jedoch zum Glück etwas besser.
Mit einer riesigen Spirale pustete er daraufhin die Hauptleitung durch und montierte die Toilette wieder an ihren zugehörigen Platz.
In weniger als 60 Minuten saugte dieser Mann also das gesamte Abwasser in der Wohnung ab, baute die Toilette ab, reinige das Hauptrohr und montierte erneut die Toilette an ihren zugehörigen Platz. Sagenhaft. Der Retter in der Not. Wieso hatte man ihn nicht schon vorher gerufen.
Nachdem die Hoffnung nur allzu nah war, alle Probleme seien gelöst, klingelte das Telefon. Es war die Nachbarin, die anscheinend lieber das Telefon nutze als einfach an der Tür zu klingeln, hinter der zuvor ihre Exkremente schwammen.
„Mein warmes Wasser funktioniert nicht.“
„Ok, tut mir Leid, meins funktioniert.“
„Das ist Ihre Schuld, weil bei Ihnen jemand war, der was an den Wasserleitungen gemacht hat. Der Hat dabei bestimmt die Leitungen kaputt gemacht.“
„Ich halte diesen Zusammenhang für sehr unwahrscheinlich.“
„Es ist Ihre Schuld also kümmern Sie sich jetzt auch.“
Die Nummer des sanitären Notdienstes wurde erneut gewählt, um mitzuteilen, dass in der oberen Etage kein warmes Wasser floss.
„Der Notdienst kommt, sobald Sie Zeit haben heute.“
„Wie stellen Sie sich das vor. Ich muss doch zum Pferd. Ich fahre jetzt schon ungeduscht zum Pferd. Ich kann doch jetzt nicht noch später fahren nur um auf den Notdienst zu warten.“
„Naja, ich bin zuhause, wenn der Notdienst klingelt, kann ich denen ja die Tür auf machen. Der Hauptschalter für die Heizung und die Anlage sind ja eh im Keller.“
„Na wenn Sie meinen, dass das klappt.“
„Ich denke schon.“
Wenige Minuten später als die alte Pferdehippe grade auf dem Weg zur Haustür war, wurde sie von zwei freundlichen Herren empfangen, die sie baten sie zum Hauptschalter zu bringen.
Somit fiel am Ende auch der geduschte Gang zum Stall ins Wasser.
„Man braucht zwei Jahre, um sprechen zu lernen, aber fünfzig Jahre um schweigen zu lernen“ – Hemingway